1. DIE THESEN:
Ich habe in der letzten Zeit solche Passage eines Artikels eines evangelikalen
Theologen gelesen, die mich stutzig gemacht hat: »Biblisch spricht nichts
gegen eine Erscheinung Marias: Was nun die erwähnten Marienerscheinungen
anbetrifft, so können wir davon ausgehen, dass auch in unsern Tagen Gott bzw.
Christus Menschen erscheint und durch Träume und Visionen zu ihnen spricht, wie
es uns schon in der Bibel vielfältig Überliefert wird. So berichten heute zum
Glauben gekommene ehemalige Muslime glaubhaft davon, dass ihnen Jesus im Traum
bzw. in einer Vision erschienen ist und sie sich dadurch zu ihm bekehrt haben.
Gott kann darüber hinaus Gestalten aus der Heilsgeschichte (Matthäus 17,3)
ebenso wie Engel (z.B. Lukas 1,26ff; Apostelgeschichte 12,7) oder ganz normale
Menschen (Apostelgeschichte 16,9) mit einer Botschaft zu uns schicken. Warum
soll dann nicht auch Maria Gläubigen erscheinen können? Biblisch spricht
grundsätzlich nichts dagegen. Auch wenn Maria wie ein normaler Mensch gestorben
und nicht leibhaft in den Himmel aufgenommen worden ist, kann Gott sie in seiner
Souveränität als seine Botschafterin zu Menschen senden (vgl. die Erscheinung
des Mose vor den Jüngern auf dem Berg der Verklärung: Matthäus 17,3).
Entschieden abzulehnen sind dagegen die religiöse „Vermarktung“ solcher
Erscheinungen und die damit verbundene unbiblische Marienverehrung«. {Klaus
Jürgen Diehl, „Wie biblisch ist die Marienverehrung?“, ideaSpektrum Nr. 42
/2017}
2. BEMERKUNGEN UND EINWÄNDE: Ich
habe solche Zitate aufgeführt, um die Wichtigkeit dieses Themas zu zeigen und
welche dramatischen Konsequenzen biblisch unausgereifte Antworten — wie
ich sie betrachte — mit sich ziehen.
An sich las ich als
Missionar in Italien die Darlegung von Klaus Jürgen Diehl mit Interesse und auch
zustimmend, bis ich zu der Aussage kam: „Biblisch spricht nichts gegen eine
Erscheinung Marias“. Da war ich echt schockiert.
Wie wir gesehen
haben, belegt er diese Behauptung mit Engelerscheinungen, Träumen usw., die im
NT berichtet werden. Das angebliche Erscheinen von Verstorbenen wird mit
Berufung auf Matthäus 17,3, d.h. mit dem Erscheinen von Mose und Elia auf
dem Berg der Verklärung, begründet. Hier handelt es sich jedoch um ein
heilsgeschichtlich einmaliges Ereignis und gemäß 2. Petrus 1,16 um eine
Vorschattung der Parusie. Vergeblich sucht man also klare und stringente Belege
für eine solche Behauptung.
Wie man sieht, geht
der Autor leichtfertig von der Möglichkeit zur Wirklichkeit oder von der
Wahrscheinlichkeit zur Tatsächlichkeit über, nur weil Gott souverän ist und weil
angeblich nichts gegen die Marienerscheinungen sprechen würde! Diese Art
zu sprechen gehört nicht zu einem Exegeten, der den Text im Kontext auslegt,
sondern zu einem Religionsphilosophen, der die Bibel ideologisch benützt, um
seine These schmackhaft zu machen. Wo wird aber so etwas explizit im
Neuen Testament gelehrt? Wo gibt es ein klares Beispiel dafür im Neuen
Testament? Diese Antwort bleibt er uns schuldig.
Das Erscheinen von
Verstorbenen als Geistwesen ist nichts anderes als uralter Spiritismus,
also Kommunikation mit Totengeistern, und in der Bibel strengstens verboten. Als
jemand, der zahllose Fälle okkulter Verstrickungen durch katholischen
Aberglauben seelsorgerlich begleitet hat, kann ich dies nicht anders bezeichnen.
Die Art vom Herrn
Diehls zu argumentieren zeigt, so ist zu befürchten, dass er das Phänomen
„Marienerscheinung“ in seinen tieferen Konsequenzen nicht gut genug kennt;
und man weiß womöglich auch nicht, wie die Praxis solch einer Marienfrömmigkeit
aussieht und was sie bewirkt. Wer, wie ich, die angeblichen Marienbotschaften
gelesen und das gesamte Religionsphänomen analysiert hat, weiß wie solche
Botschaften untereinander bzw. zu der Bibel widersprüchlich sind.
Und die
praktischen Konsequenzen sind tragisch genug, wie ich als Missionar
beobachtet habe: wenn einmal die Leute an die angeblichen Marienerscheinung und
Marienbotschaften glauben, werden sie im Prinzip für das Evangelium
undurchlässig. Ihre wahre Religion wird der Marianismus; die autoritative
Wissensquelle wird das „Wort der Offenbarung“ der angeblichen Marienbotschaften,
die ein jedes verchristlichtes Medium ebenso bringt. Wie elektrisiert suchen und
befolgen die Anhänger solcher Offenbarungen diese Botschaften. Ähnliches kennt
man auch von extremen Charismatikern. Die Bibel wird zweitrangig, wenn
sie überhaupt noch ernst genommen wird, da sie die angeblich neueren und
aktuelleren Himmelbotschaften den alten und verstaubten biblischen Mitteilungen
vorziehen! Und wenn die Heilige Schrift noch eine Bedeutung bei den
Marienanhängern hat, wird sie höchstens im Licht der angeblichen
Marienbotschaften ausgelegt.
Solch eine
Überzeugung, die Marienerscheinungen für biblisch möglich hält, und diese nicht
eindeutig als widergöttlich zurückweist, öffnet jedem verchristlichten Mystiker
und marianisierten Medium Tür und Tor. Es passt aber in unsere Zeit der
esoterischen und mystischen Dammbrüche, wo die Glaubensinhalten beliebig,
„fließend“ und subjektiv geworden sind und wo große ideologische und religiöse
Verführungen stattfinden. Anhänger der angeblichen Marienerscheinungen und
Marienbotschaften können sich nun womöglich sogar auf einen evangelikalen
Theologen berufen. Ihm dankend, werden sie sich in ihren religiösen
Vorstellungen und in der Praxis ihrer Marienfrömmigkeit sehr bestärkt fühlen.
3.
SCHLUSSGEDANKEN: In dieser Zeit ideologisches und
religiöses Wirrwarrs trägt man eine große Verantwortung vor Gott und für
die biblische Wahrheit. Absichtlich oder unabsichtlich kann man mit den eigenen
Behauptungen und Darlegungen zur geistliche und religiösen Verwirrung beitragen,
den Rücken der Anhänger einer religiösen Ideologie (hier des Marianismus)
bestärken und sich damit schuldig machen.
Folgendes Phänomen, das Paulus damals voraussagte, ist vor unseren Augen im
Gange: „Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach
ihren eigenen Lüsten sich selbst Lehrer aufhäufen werden, indem es ihnen
in den Ohren kitzelt; [4] und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren
und zu den Mythen sich hinwenden“
(2. Tim. 4,3f). In der heutigen religiösen Mythenbildung gehört die
weitverbreiteten Marienfrömmigkeit, die für viele die eigentliche Ersatzreligion
geworden ist. Die „mythologisierte Maria“ (nicht Maria von Nazareth, sondern eine
erschaffene „Göttin“) ist zu einem „Ersatz-Jesus“, zu einem „anderen Jesus“
geworden (vgl. 2. Kor. 11,4), gemäß einem anderen Evangelium (vgl. Gal. 1,4f). Wie das geschehen würde und was das
produzieren würde, wird auch ausdrücklich beschrieben: „Der Geist aber sagt
deutlich, dass in den letzten Zeiten werden etliche von dem Glauben abfallen
und anhangen den verführerischen Geistern und Lehren böser Geister
anhängen“ (1. Tim. 4,1). Und das ist das, was wir heutzutage mit
unseren Augen genau beobachten. Der Marianismus als Ersatzreligion mit
seiner synkretistischen Marienmythologie, seinen Marienerscheinungen und
Marienbotschaften gehört genau dazu.
Zur Vertiefung siehe:
►
Was soll man
über Marienerscheinungen denken?{Nico
Martella}
► URL: http://italmission.altervista.org/Ital/Marienerscheinungen2.htm
15/12/2017; Aktualisierung: |